Dienstag, 25. Dezember 2007

Barquisimento und Weihnachten

Wir waren das erste Mal in Familie für ein paar Tage im Urlaub, so ein richtig typischer Familienausflug: Bis am Morgen der Abreise erstmal alle mit ihren Koffern, Täschchen und Picknickkorb fertig waren, verging eine ganze Weile. Dann ging's endlich in unserem Kleinbus los in Richtung Barquisimento. Zuerst haben wir einen kleinen Abstecher nach Puerto Cabello, einer Hafenstadt am Meer, gemacht, wo wir uns die herrlich bunten Kolonialstilbauten an der Küstenpromenade angeschaut haben. Auch auf dem Rest der Fahrt gab es viel zu sehen: Die Landschaft ist geprägt von Gebirgen, an den Strassenrändern wachsen die Agaven und Strassenhändler verkaufen alles Mögliche. Im Hotel angekommen ersteinmal allgemeine Belustigung darüber, zu fünft in einem Zimmer, mit einem Bad, vier Tage zu verbringen. (Hat ganz gut geklappt.) Den ersten Tag in Barquisimento sind wir Weiber vormittag ersteinmal in ein Shoppingcenter gefahren, während der Papa etwas zu erledigen hatte, und dann haben wir alle gemeinsam eine Spritztour durch die Stadt gemacht, die Caracas eigentlich ähnlich, nur viel kleiner, ist und haben uns die alte Schule vom Papa angeschaut. Abends hat der (richtige) Papa von Sara uns Mädels zu einem Konzert von Vos Veis, einer recht berühmten Band, abgeholt. Zunächst haben wir in einem schnieken Hotel auf die Künstler gewartet, die uns der Papa, der der Manager der Band ist, alle persönlich vorgestellt hat. Nach ein bisschen Smalltalk dann im Luxusauto zum Konzert. Wir haben uns das ganze von der Seitenbühne aus angeschaut, von hinten sozusagen. Das war jedenfalls klasse.

Am nächsten Tag sind wir nach einem typisch venezolanischen Frühstück mit alten Freunden vom Papa in ein Kunsthandwerk-Dörfchen namens Tintorero gefahren, wo es jede Menge farbenfrohe Hängematten, Holzschnitzereinen usw. zu sehen und zu kaufen gab.

Zum Mittag sind wir zu weiteren alten Schulfreunden vom Papa eingeladen gewesen, wo ich mich plötzlich mitten in einem lustigen Kindergeburtstag wiedergefunden habe. Abend sind die Eltern zu einer Hochzeitsfeier gegangen, was der Hauptgrund unserer Reise war. Währenddessen haben wir Kinder uns einen gemütlichen Fernsehabend im Hotelzimmer gemacht. Und dann haben wir uns, nach einem ausgiebigen Frühstück mit alten Schulfreunden vom Papa, auch schon wieder auf die Heimreise begeben. Und schon war Heiligabend. Tagsüber haben alle fleissig geputzt, geschmückt und geschnippelt und alle sind nochmal ausgeflogen, um last minute Geschenke zu kaufen. Von Weihnachten war bis dahin noch nichts zu spüren. Schliesslich haben wir uns alle ordentlich in Schale geworfen und gegen zehn kam die ganze Familie bei uns zusammen. Als typisches Weihnachtsmenü gab es Hallacas (Fleisch, Gemüse, Oliven, Rosinen,... in einer Maismasse und Bananenblättern eingewickelt), Hühnchensalat, Pan de jamón (Brot mit eingewickeltem Schinken, Oliven und Rosinen), Waldorfsalat und Omas Möhrentorte. Der Abend hat sehr an Silvester erinnert: Feuerwerke in der Strasse und ungeduldige Blicke auf die Uhr, bis sich um zwölf dann alle in die Arme gefallen sind - Feliz navidad! In der Nacht, schon am 25., war endlich Bescherung. Papa hat die Geschenke unterm Christbaum hervorgeholt und verteilt. Es waren für alle schöne Sachen dabei und ich habe es genossen, Heimweh oder Trübsal habe ich bei alledem kaum verspürt.

Und nun wünsche ich schonmal allen eine feuchtfröhliche Silvesterparty und einen tollen Start ins neue Jahr! Denn morgen geht's schon auf die nächste Reise: Maracaibo.

Montag, 17. Dezember 2007

Eine Party in schwarz-weiss und eine Poolparty zum 3.Advent

Seit vergangenem Donnerstag habe ich Ferien (eigentlich seit Freitag, aber da ja eh nichts grossartig passiert in der Schule, ist schon einen Tag vorher niemand mehr gegangen und so habe auch ich ganz unverhofft schon die Ferien eingelaeutet...) Zur Feier des Tages wurde der Dresdener Christstollen, den ich in dem Paket aus der Heimat gefunden habe, angeschnitten - Begeisterung. Ausserdem habe ich mir spontan Num geschnappt und wir sind durch das groesste Shoppingcenter ueberhaupt geschlendert. Da verlaufen sich auch die Kenner noch. Zur Hauptverkehrszeit, das heisst mit millionen anderen, sind wir dann mit der Metro wieder zurueckgefahren. Um einem erneuten Ueberfall zu entgehen, nehme ich jetzt immer so einen kleinen Bus (Baujahr 1897 oder aelter...), der einen von der Metrostation bis zur Haustuer faehrt. Wenn ich da so fuer mich alleine durch die Strassen "cruise", den Wind von Caracas um die Nase, Merengue-Musik,... fuehle ich mich richtig frei und erwachsen.
Am Freitag hat es sich ganz ploetzlich ergeben, dass ich mit Sara zu einer 15.Geburtstagsfeier mitgehen kann. Also habe ich mir schnell ein schickes, formales schwarzes Kleid, Schuhe und Schmuck von der Mama zusammengeborgt, dann sind wir schnell zum Frisoer um die Haare perfekt foehnen zu lassen (ist hier nichts Aussergewoehnliches) und los ging's. Diese Parties zum 15. sind in Venezuela vergleichbar mit Hochzeit in Deutschland. Alle kamen in formeller Kleidung, d.h. die Damen in schwarz-weissem Abendkleid, die Herren in Anzug, nur das Geburtstagskind trug ein rotes Kleid. Zum Auftakt hat die Glueckliche - unter hysterischem Geschrei der Freundinnen - mit dem Papa Walzer getanzt, dann wurde der lange Rock showmaessig entrissen und dann ging's ab. Auch als spaeter die ganz bekannte Band Chino y Nacho kam, war sie als Taenzerin noch immer der Star des Abends. Ansonsten wurde (so eng und mit so vielen Jungs aufeinmal wie noch nie...) getanzt, bis die Fuesse nicht mehr wollten. Es war also echt exzellent.

Am naechsten Morgen stand dann wieder eine Aktivitaet mit AFS auf dem Programm. Diesmal hiess es, armen und elternlosen Kindern einen schoenen Tag im Parque del Este zu bereiten. Allerdings haben wir, ausser Berge von Plueschtieren abgeliefert und uns ein kleines Krippenspiel angeschaut, nichts weiter mit ihnen gemacht. Da ekliger Dauerregen angesagt war, sind wir zu einer Animation im Planetarium gegangen. Da alle nass und - man glaubt es kaum - durchgefroren waren, haben wir uns danach auch schon verabschiedet.

Den dritten Advent haben wir mit den Freunden aus der Schule mit einer tollen Pool- und Grillparty begangen und zwar vonVormittag an. Bei der ganzen Sommerlaune, kuehlen Drinks am und im Pool, Sonne, Latinomusik, Steaks und Schokoladenspringbrunnen und mit all den super Freunden habe ich mich pudelwohl gefuehlt. Am Abend haben wir dann das Geheimnis der "amigos secretos" gelueftet und die Geschenke ausgetauscht, auf gut deutsch gewichtelt, bevor es dann zum Karaoketeil ging.

Und nun wird zuhause geradezu marathonartig geschmueckt, schliesslich ist es nicht mehr lange hin bis Weihnachten und bis wir dann alle verreisen, da ist noch viel zu tun.

Montag, 10. Dezember 2007

Der Christbaum, Referendumswahlen, Papa Nr.3, ein Frisoerbesuch und mehr...

Da bin ich wieder mit Neuigkeiten aus Caracas. Puenktlich zum Dezemberanfang haben wir im heimischen Wohnzimmer den Christbaum aufgestellt. Da echte Tannenbaeume in Venezuela eine Raritaet und entsprechend ungemein teuer sind, haben wir ein Kunstbaeumchen aufgestellt, was ungefaehr so umstaendlich und lustig war, wie ein Zelt aufzubauen. Bei venezolanischer Weihnachtsmusik haben wir dann bis in die Nacht pompoes geschmueckt. Ich habe den Adventskranz gebastelt und ueber Allem hat eine schoene besinnliche familiaere Atmosphaere geherrscht. Letzte Woche ist ein grosses Paket von meinen Eltern angekommen und ich haette am liebsten gleich all die Schokolade und die Paeckchen aufgemacht. (Ich gebe zu, ein Tuetchen von der Reise schon zerquetschter Pfefferkuchenherzen habe ich tatsaechlich gleich gegessen. Aber der Rest bleibt sicher verwahrt, bis zum Heiligen Abend.) Ein dickes DANKE an dieser Stelle, so habe ich ein Stueck deutsche Weihnachten hier in Caracas. Der erste Advent wurde komplett von den grossen Referendums-Wahlen bestimmt. Das konnte man wirklich als "Wahlkrimi" bezeichnen: Gemeinsam mit ein paar Gaesten haben wir bis des nachts halb zwei vor dem Fernseher auf die Verkuendung des Ergebnisses gewartet. Eigentlich hatte schon eine Art unausgesprochene Einigkeit darueber geherrscht, dass Chavez mit irgendeiner "Trampa" gewonnen hat und umso erleichterter und freudejubelnd sind alle aufgesprungen, als sie bekannt gegeben haben, dass das "NO" doch ganz knapp gesiegt hat. Am Montag danach hatten wir noch schulfrei und ich bin mit der Mama ins Kino gegangen, zu "Das Leben der Anderen". Irgendwie gibt es da ja auch indirekt ein paar Verbindungen zu Venezuela. Unter der Woche kam der eigentliche Papa meiner Gastschwester Sara, der fuer eine bekannte Band arbeitet, geschaeftlich nach Caracas und hat uns zum Mittag in ein libanesisches Restaurant eingeladen. So habe ich also in gewisser Weise meinen dritten, wirklich supernetten, Papa kennengelernt. Einen Tag bin ich gemeinsam mit einer Freundin aus meiner Klasse zum Frisoer gegangen. Wie auch in Deutschland, sind die Frisoere hier sehr gespraechig und so habe ich mich mit dem grossen Meister lang und breit ueber die DDR unterhalten. Als wir dann beide frisch frisiert den Salon verlassen haben, haben uns zwei Dame ganz im Ernst gefragt, ob wir Zwillinge seien:

Am Samstag hatte ich das Vergnuegen, bei einem Familiensamstag in der Schule meiner Cousine die Band "Guaco" quasi hautnah und gratis zu erleben. Erst spaeter ist mir bewusst geworden, wie beruehmt und beliebt die in Venezuela sind, die waren wirklich spitze.

Gestern wurde die Uhr eine halbe Stunde zurueckgestellt, was fuer einige Verwirrung gesorgt hat. Und dafuer, dass ich relativ puenktlich zu der Geburtstagsfeier von einem Freund angekommen bin. Wir waren nicht viele Leute, und mit Hamburgern vom Grill (der Haufen wild Luft zuwedelnder und gegenseitig kluge Ratschlaege gebender Jungs mit dem Grill auf dem Minibalkon war herrlich anzusehen) und Trinkspielchen war es fast wie eine typisch deutsche Geburtstagsrunde.

Samstag, 1. Dezember 2007

Heute ist schon der erste Dezember. Der Adventskalender, den ich heute aufgehangen habe, erscheint fast ein bisschen absurd, waehrend draussen das Planschbasin bereit steht... Die vergangene Woche war recht abwechslungsreich: Am Montag wollten wir in Familie ins Kino gehen, zu dem Film "Das Leben der Anderen", der auch hier in Venezuela grossen Anklang findet und hoch gelobt wird. Aber wir mussten auf dem Weg leider einsehen, dass wir mit dem abendlichen Stau nicht mal zur Spaetvorstellung ankommen und sind resigniert wieder umgedreht. Am naechsten Tag bin ich nach der Schule gleich mit einer Freundin zu einem riesigen militarischen Reiterhof gefahren, wo ihr ganzer Stolz, Pferd Venus, steht. Dort habe ich ihr ein bisschen beim Springreiten - Training zugeguckt und mich schliesslich auch mal selbst fuer ein Foto auf's hohe Ross getraut. Das war also schonmal ein schoener, entspannender "Ausritt".

Danach sind wir - wieder mit dem hauseigenen Chauffeur uebrigens - zu einem Shoppingcenter gefahren und haben uns eine Gaita-Show, diesmal aber in kleinerem Rahmen, angeschaut. Mittwoch war schon der letzte Schultag dieser Woche. Das haben wir in der Schule als Anlass genommen, um unsere Wichtelgeschenke in der Klasse auszutauschen. Da haben sich manche richtig ins Zeug gelegt, andere wurden etwas enttaeuscht. Num hat sich mit ihrer senffarbenen Krawatte z.B. im wahrsten Sinne des Wortes "auf den Schlips getreten" gefuehlt und auch ich werde meine Kette wohl weiterverschenken... Am Donnerstag hatten wir also bereits keinen Unterricht mehr, da am Sonntag die grossen Wahlen anstehen. An dem Tag fand wieder eine Demonstration gegen die Verfassungsreform statt, sodass die Strassen voll waren.

Da wir Tauschis aber sowieso nicht an politischen Aktivitaeten teilnehmen duerfen, habe ich mich mit Konstantin, einem Deutschen aus meinem AFS-Komite, in den Avila "gefluechtet". Dort sind wir, fast allein, ein ordentliches Stueck gewandert und haben uns zum Schluss in einem kuehlen Wasserfall erfrischt - und natuerlich jede Menge zu erzaehlen gehabt.

Zur gleichen Zeit wurde in der Stadt ein leichtes Erdbeben registriert und alle Leute mussten aus den Hochhaeusern heraus . Wir haben von alledem aber nichts gemerkt, ausser den vielen Menschen auf der Strasse, und auch sonst war das Beben kaum zu spueren. Gestern abend hat es uebrigens endlich mal wieder mit einer Fiesta geklappt. Eine Norwegerin von AFS hat ihren Geburtstag gefeiert und jede Menge AFSer eingeladen. Und nun wuensche ich schonmal allen, die hier fleissig und interessiert meinen Blog verfolgen, eine schoene Adventszeit!