Montag, 22. Oktober 2007

Zwei Todesfaelle, Pech mit dem Orchester und wieder einmal AFS

So liebe Daheimgebliebenen, nun mal wieder eine Meldung von mir. Vergangenen Sonntag sind wir in den Stadtteil El Hatillo gefahren, der ein bisschen an ein kleines Kuenstlerdoerfchen erinnert, mit ganz vielen knallbunten Haeuschen. Wie an jeder Ecke in Caracas gibt es auch dort eine Shoppingmall, wo wir nach unserem Spaziergang in einem Schweizer Restaurant lecker Fondue speisen waren. (Einen lieben Gruss an Caro an dieser Stelle.) Man muss hier auf (fast) nichts verzichten.

Am Montag ist ueberraschend der Mann unserer geliebten Komité-Koordinatorin verstorben und meine Gastmama war die Erste die es erfahren hat. Am Mittwoch schon die naechste tragische Nachricht: ein Maedchen aus der Parallelklasse ist, nachdem sie aufgrund einer Gehirnerkrankung und vermutlich Drogenkonsum drei Monate im Koma lag, gestorben. Die Szenerie auf dem Gang in der Schule war furchtbar, der ganze Jahrgang hat geweint. Den restlichen Tag und am Donnerstag hatten wir keinen Unterricht deswegen und auch am Freitag war nur die Haelfte da und die Stimmung aeusserst gedrueckt.

Vergangenen Freitag habe ich mich bei einem Jugendorchester vorgestellt, auf eine Probe sozusagen. Man hat mir eine Klarinette ausgeliehen, auf der ich mich ein bisschen einspielen sollte, bis der Direktor kommt. Dabei habe ich erschrocken festgestellt, dass hier ein anderes Griffsystem gebraeuchlich ist, das ich nicht beherrsche. Nun gut, ich sollte mich dran gewoehnen. Aber bei dem anschliessenden Gespraech mit dem Dirigenten hat sich herausgestellt, dass grundsaetzlich in der Musikschule geuebt wird - und zwar fuenf Mal pro Woche. Das ist Teil des venezolanischen Kinder- und Jugendorchester-Systems, es kostet absolut nichts, dafuer wird aber volle Hingabe gefordert. Ich habe mir also, etwas enttaeuscht, eingestanden, dass das nicht das richtige fuer mich ist, und werde mich also weiter auf die Suche nach einer Moeglichkeit begeben, Musik zu machen. Schliesslich moechte ich ja noch viele andere Dinge mitmachen.

Am Wochenende war dann die erste AFS-Versammlung fuer die, die naechstes Jahr ins Ausland gehen werden, und da von denen allein schon drei Freunde aus meiner Schule sind, bin ich da mit hingefahren. Auch vorher schon habe sie als "Europaexperte" ein bisschen beraten, da sie, wie ich von Lateinamerika, eigentlich keine Ahnung hatten, worin sich die einzelnen Laender Europas so unterscheiden. Bei der Uebung ist mir klar geworden, wie vielfaeltig der heimatliche Kontinent doch ist. Bei dem Meeting wurde dann ausfuehrlichst erklaert, wie, wann, wo,... all die Formulare und Briefe einzureichen sind. Das Verfahren hier ist wirklich exakt das selbe, wie in Deutschland. Ausser, dass wir wieder viel gegessen haben, haben wir vier Tauschis noch ein bisschen von unseren Erfahrungen und Eindruecken, die wir bis jetzt gesammelt haben, berichtet. So schnell geht das, dass man vom faszinierten Zuhoerer selbst zum stolzen Berichterstatter wird.

Und nun wieder etwas Kurioses zum Abschluss: Auf der Strasse rote Kleidung zu tragen, gilt gemeinhin als Bekenntnis fuer Chavez, ist also etwas kritisch, und so habe ich meine roten Shirts zu den Haus-Sachen verbannt. Was ansonsten modetechnisch die Schuluniform nicht zulaesst, gleichen die meisten mit tonnenweise Schmuck und teilweise Schminke aus. Dafuer scheinen sich die Leute in der Schule, dafuer dass es die Abschlussklasse ist, keine allzugrossen Kopf ueber den Unterricht zu machen. Die Disziplin ist, im Vergleich zu der Ruhe im Unterricht in Deutschland, eine einzige Katastrophe.

Das ist Strassenkunst in dem Stadteil Bella Artes. Das Bild ist schon vor einer Weile entstanden, aber ich fand das so schoen, ein ganzer Boulevard voller kleiner Staende mit Schmuck und anderen handwerklichen Kleinigkeiten.

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